Ein paar kritische Fragen zu den Querdenken-Demonstrationen

Der folgende Text ist auch als Flyer zum Selbstausdrucken gedacht, weswsegen hier „Flyer“ statt Text steht. Ihr könnt ihn kopieren, ausdrucken und verteilen!

Wir wollen mit diesem Flyer ein paar kritische Fragen zu den Querdenken-Demonstrationen stellen. Es sind keine Fragen, die für eine Diskussion mit den Flyer-Verteiler*innen gedacht sind. Sie sollen eher Selbstreflexion und kritisches Nachdenken der Flyer-Leser*innen anregen.

Wir fragen Sie
* Wussten Sie dass bei der Querdenken-Demonstration am 31. Mai 2020 in Stuttgart mit Max Otte und am 7. Juni 2020 mit Thomas Schulte in Leonberg bekannte rechte Redner aufgetreten ist?
– Max Otte ist Mitglied im Beirat der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung und war Veranstalter des nationalistischen „Neuen Hambacher Fest“, bei dem u.a. auch AfD-Parteichef Jörg Meuthen auftrat.
– Der Buchautor Thorsten Schulte („Silberjunge“) veröffentlichte im Kopp-Verlag in Rottenburg und tingelt als Referent durch die AfD-Kreisverbände der Republik. Am 1. Juni 2020 sprach er noch bei PEGIDA in Dresden.
* Wussten Sie, dass der Querdenken-Initiator Michael Ballweg eine Karikatur re-postet hat, in welcher der Milliardär Bill Gates als Wiedergänger von Adolf Hitler dargestellt wird?
* Wussten Sie, dass der in Querdenken-Kreisen beliebte Online-TV-Moderator Ken Jebsen 2011 in einer Email folgenden Satz schrieb: „Ich weis wer den Holocaust als PR erfunden hat“?
* Glauben Sie wirklich jemand wie Ken Jebsen, der sich schon auch mal als Joker verkleidet und lange verschwurbelte Monologe hält, ist die bessere Alternative zu einem Journalismus der bürgerlichen Medien?
* Wussten Sie, dass in Stuttgart mehrmals an die Teilnehmenden von Querdenken-Demos „Heilsteine“ verschenkt wurden, die von Thomas Gerhard Hornauer stammen? Derselbe Hornauer, der 2008 „zusammen mit den telemedialen Freunden das Vereinte Heilige Deutsche Königreich“ ausrief, also offenbar eine Art Reichsbürger ist?
* Denken Sie tatsächlich gegen Covid-19 hilft eine „göttlichen Kraft“, wie sie am 23. Mai 2020 ein Redner auf der Tübinger Querdenken-Demo beschworen hat?

Wir fragen Sie nochmal:
Denken Sie wirklich mit solchen Inhalten oder Personen wie Otte oder Jebsen ist es ratsam für demokratische Grundrechte zu demonstrieren?

Wir denken das nicht! Deswegen verteilen wir diesen Flyer, OBWOHL wir auch nicht jede Maßnahme der Regierung zur Einschränkung der Pandemie billigen und die sozialen Folgen dieser Beschränkungen mehr als kritisch sehen.

RASSISMUS TÖTET – JEDEN TAG, ÜBERALL & LEBT AUCH IN UNS!

Am 25.Mai wurde George Floyd in Minneapolis von einem Polizisten ermordet, drei seiner Kollegen sahen dabei zu. Doch der Mord von George Floyd ist kein Einzelfall. Sean Bell, Tamir Rice, Breonna Taylor, Trayvon Martin, Tanisha Anderson, um nur ein paar wenige der Menschen zu nennen, die aufgrund von rassistischen Motiven und institutionellem Rassismus getötet wurden. Jetzt schaut die Welt auf die USA, kritisiert eine Gesellschaft und ihr Justizsystem, welches systematisch BIPoC (Black, Indiginous & People of Color) diskriminiert, kriminalisiert und entmenschlicht. Doch Rassismus und die davon ausgehende Gewalt ist nicht nur ein Problem in den USA, sondern auf der ganzen Welt. Unter zahllosen anderen Opfern stehen Oury Jalloh und Amad Ahmad in Deutschland, Amdama Traoré in Frankeich oder Mark Duggan in Großbritannien.

Jede*r von uns wächst in einer Gesellschaft auf, die auf rassistischen Machtstrukturen sowie weiterer intersektioneller Diskriminierung aufbaut und von ebendiesen geprägt ist. Deswegen reproduzieren wir sie, ob bewusst oder unbewusst. Viele von uns profitieren von diesem ungerechten System, in dem Weiß-Sein mit vielen Privilegien einhergeht. Als Individuen und Gemeinschaften ist es unsere Verpflichtung uns mit unseren Privilegien auseinanderzusetzten, sie zu hinterfragen und uns mit Betroffenen von Rassismus zu solidarisieren.

Solidarisch sein bedeutet konkret: Betroffenen zuhören, ihre Erfahrungen anerkennen und ihnen den (öffentlichen) Raum einnehmen zu lassen, der ihnen zusteht. Wir müssen uns informieren, weiterbilden und unser eigenes Verhalten und Denken reflektieren. Solidarität bedeutet auch Rassismus im Alltag entgegenzutreten, Rassismen zu benennen und ihnen aktiv entgegenzuwirken. Unsere Gesellschaft wird sich, aufgrund der Jahrhunderte hinweg tradierten Diskriminerungsmechanismen, leider nicht von heute auf morgen ändern lassen. Doch das mindeste was wir tun können ist mit uns und in unserem persönlichen Umfeld anzufangen.

Hier findet ihr eine kleine,  sehr unvollständige Auswahl an Infos, Büchern, Filmen und Menschen, die kostenlose Bildungsarbeit machen: Weiterlesen

Perspektiven nach der Corona-Krise

Die Gesellschaft befindet sich momentan in einer Krise. Die Corona Pandemie betrifft alle Ebenen der Gesellschaft: es ist eine Wirtschaftskrise, eine soziale Krise, eine Gesundheitskrise und für viele Menschen eine persönliche Krise.

Corona als alleinigen Schuldigen für diese Krise auszumachen würde analytisch zu kurz greifen. Es ist eben auch eine Systemkrise.

Die Welt der letzten Jahrzehnte war geprägt von einem Narrativ des Neoliberalismus. Einem Kapitalismus des unbegrenzten Wachstumes und der Einsparungen im Sozialen. Einer, der Raubbau und Ausbeutung an der Erde betreibt und mehr verschlingt als es gibt, und der es nicht einmal vermag, den Überfluss an allem gerecht zu verteilen. Vielmehr ist auch die Ausbeutung von Menschen durch kapitalistische Logiken systematisch und „systemrelevant“. Die Besteuerung von Kapital fällt niedriger aus, als die Besteuerung auf Arbeit und Konsum und die soziale Ungleichheit wächst. Immer mehr Geld, Ressourcen und Macht sind in den Händen von immer weniger Menschen. Dass der Kapitalismus höchst undemokratisch und unsozial ist spiegelt sich nicht nur darin wider, sondern zeigt sich auch in der höchst erfolgreichen Kooperation dieses Systems mit autoritären Strukturen, wie z.B. in China. Weiterlesen

Die Würde des Spargels …

Corona zeigt was zählt: Die Würde des Spargels ist unantastbar #LeaveNoOneBehind & evacuate Moria

Corona zeigt was zählt: Die Würde des Spargels ist unantastbar #LeaveNoOneBehind & evacuate Moria

In Zeiten von Corona wird viel von Solidarität und dem Schutz von Menschen geredet. Doch manche Menschenleben scheinen hierzulande schützenswerter als andere zu sein. An den Außengrenzen Europas werden über 20.000 Menschen – unter anderem im Camp von Moria – eingesperrt und mit katastrophalen hygienischen Bedingungen im Stich gelassen. Menschen, die wegen Krieg, Terror und Unterdrückung aus ihrem Heimatland fliehen mussten. Für die EU-Staaten scheint die Würde des Menschen an ihren Außengrenzen halt zu machen.

Aber auch im Inland wird mit zweierlei Maß gemessen. Wo ist die Solidarität mit Menschen in prekärer Lage? Seien es Geflüchtete, Wohnungslose, Frauen* mit gewalttätigen Partnern, Alleinerziehende, psychisch Erkrankte, Kinder, alte Menschen und solche mit Vorerkrankung u.v.m., denen wichtige Räume, finanzielle Mittel und Hilfsangebote fehlen. (Epplehaus Beitrag vom 02.04.2020)

Derweil werden 80.000 Erntehelfer*innen aus Mittel- und Osteuropa eingeflogen und dem Risiko der Infektion ausgesetzt. Sie müssen für einen Hungerlohn und unter schlechten Bedingungen arbeiten und leben. Das alles damit wir weiterhin den heißgeliebten Spargel essen können. „Was wiegt mehr: Der Wunsch nach billig geerntetem Spargel oder der Schutz von Menschenleben? In dieser Gesellschaft ist es leider der Spargel“ (Erica Zingher, taz).

Jetzt wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt gewesen wenigstens die Arbeitsbedingungen der Erntehelfer*innen zu thematisieren und zu verbessern. Zumindest eine gute Unterbringung und Bezahlung sowie Arbeitsschutz sollten sichergestellt sein.

Unsere neoliberale Konsumgesellschaft zeigt sich hier von ihrer besten Seite. „Was nimmt eine Gesellschaft für ihren Luxus in Kauf? Und wie weit geht Ausbeutung?“ (Erica Zingher, taz).

Links:

Epplehaus Beitrag vom 02.04.2020 – https://www.epplehaus.de/soziale-folgen-der-corona-massnahmen/

Erica Zingher, taz – https://taz.de/Ausbeutung-in-Corona-Krise/!5676706&s=erntehelfer/

Soziale Folgen der Corona-Maßnahmen

Neben der Umwelt- und Klimakrise stellt die Coronakrise die aktuell bedrohlichste Herausforderung für die Menschheit dar, welche es zu lösen gilt. Deshalb vorneweg: alle Maßnahmen, welche bei der Eindämmung dieser helfen und Tote, sowie eine Überlastung des Gesundheitssystem zu verhindern, sind begrüßenswert. Trotzdem ist es wichtig, diese kritisch zu begleiten und deren Folgen zu benennen.

Solidarisch sein, bedeutet nun, alte Gewohnheiten abzulegen und zu seinen Mitmenschen räumlich auf Distanz zu gehen. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass ein großer Bestandteil solidarischen Handelns vor den aktuellen Maßnahmen auf genau dem Gegenteil beruhte: auf menschlicher Nähe, räumlicher Erreichbarkeit und einer ausgestreckten Hand.

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