Tübingen: Signale der Solidarität an die Opposition im Iran

Seit dem Tod der jungen, kurdischen Frau Jina Mahsa Amini in Teheran am 16. September 20220 bebt es im Iran. Amini war von der islamischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt worden, weil angeblich ihr Kopftuch nicht richtig saß. Seit Beginn der Mullah-Herrschaft 1979 herrscht im Iran eine gesetzlich verordnete Kopftuchpflicht für Frauen.

Es ist nicht das erste Mal dass die Menschen im Iran aufstehen, aber noch nie war das Mullah-Regime so sehr in seiner Existenz bedroht wie dieses Mal und wie jedes in die Enge gedrängte Ungeheuer schlägt das Regime wild um sich. Exakte Zahlen gibt es nicht, aber im Verlauf der Proteste wurden mindestens 506 Bürger*innen getötet, darunter 69 Kinder, und mehr als 18.500 Menschen wurden verhaftet. Zwei Todesurteile wurden offiziell vollstreckt. (Stand: 24.12.2022, 100. Tag der Proteste). Viele der Festgenommenen wurden gefoltert, misshandelt und viele Frauen vergewaltigt.
Darüber hinaus greift die iranische Armee in Irakisch-Kurdistan seit Ende September 2022 mit Bombardierungen an. Es gab in der Folge mehrere Tote. Da die iranischen Kurden-Gebiete zusammen mit dem iranischen Belutschistan Hochburgen des Widerstands sind, fürchtet man die Rückkehr iranisch-kurdischer Oppositioneller aus dem Exil.

Die Führer des Gottesstaats erklären sich die Proteste über antisemitische Verschwörungserzählungen. So erklärte der Oberste Führer Ali Chamenei vor Kadetten in Teheran, dass der Tod von Mahsa Amini nicht Ursache der Unruhen sei, sondern „dass diese Unruhen und Unsicherheiten von Amerika und dem zionistischen Regime und ihren Mitarbeitern geplant“ worden seien. Mit ‚zionistischen Regime‘ ist Israel gemeint, was vom iranischen Gottesstaat mit Vernichtung bedroht wird. Eine Serie antisemitischer Anschläge auf Synagogen in der Bundesrepublik in den letzten Monaten ist laut Medien-Berichten auf den iranischen Geheimdiensts zurückzuführen.

Es ist eine Revolution der Frauen, die da stattfindet. Die Protest-Parole lautet auch „Jin, Jiyan, Azadî“ („Frau, Freiheit, Leben“). Sie ist gegen ein islamistisch-patriarchale System gerichtet, welches seine ultrakonservative Sexualmoral speziell gegen Frauen und auch gegen LSBTTIQ mit Gewalt bis hin zum Tod durchzusetzen versucht.
Im Gegensatz zu früheren Protesten im Iran ist die Protestbewegung diesmal dezentral und umfasst alle Gesellschaftsschichten, Geschlechter und Generationen, sowie alle wichtigen ethnischen Gruppen. Noch nie war das Regime so sehr in seiner Existenz bedroht wie heute.

Wir hier in Tübingen und im Westen bewundern die Menschen im Iran für ihren Mut trotz der Gefahren auf die Straße zu gehen und zu kämpfen. Sie haben im Grunde schon gewonnen, denn die kollektive Erfahrung der Selbstermächtigung durch den Widerstand lässt sich nicht niederknüppeln.
Wir im Westen müssen Druck auf unsere Regierungen ausüben und aufrecht erhalten, den iranischen Gottesstaat mit allen möglichen Mitteln einzuschränken und zu boykottieren. Gleichzeitig müssen wir Signale der Solidarität zu den Menschen im Iran senden, damit sie wissen das sie nicht alleine sind.

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