Perspektiven nach der Corona-Krise

Die Gesellschaft befindet sich momentan in einer Krise. Die Corona Pandemie betrifft alle Ebenen der Gesellschaft: es ist eine Wirtschaftskrise, eine soziale Krise, eine Gesundheitskrise und für viele Menschen eine persönliche Krise.

Corona als alleinigen Schuldigen für diese Krise auszumachen würde analytisch zu kurz greifen. Es ist eben auch eine Systemkrise.

Die Welt der letzten Jahrzehnte war geprägt von einem Narrativ des Neoliberalismus. Einem Kapitalismus des unbegrenzten Wachstumes und der Einsparungen im Sozialen. Einer, der Raubbau und Ausbeutung an der Erde betreibt und mehr verschlingt als es gibt, und der es nicht einmal vermag, den Überfluss an allem gerecht zu verteilen. Vielmehr ist auch die Ausbeutung von Menschen durch kapitalistische Logiken systematisch und „systemrelevant“. Die Besteuerung von Kapital fällt niedriger aus, als die Besteuerung auf Arbeit und Konsum und die soziale Ungleichheit wächst. Immer mehr Geld, Ressourcen und Macht sind in den Händen von immer weniger Menschen. Dass der Kapitalismus höchst undemokratisch und unsozial ist spiegelt sich nicht nur darin wider, sondern zeigt sich auch in der höchst erfolgreichen Kooperation dieses Systems mit autoritären Strukturen, wie z.B. in China.

Dass der freie Markt – welchen es so gar nicht gibt – freie Menschen und Staaten hervorbringt, ist ein fataler Irrglaube der Propagandist*innen von Kapital und Neoliberalismus. Jetzt immer noch behauptet ist es eine Lüge. Der Vormarsch von knallharten kapitalistischen Logiken auf der Welt ist gerade in den letzten Jahren Hand in Hand mit dem Abbau demokratischer und partizipativer Strukturen und dem Aufbau autokratischer und totalitärer Strukturen einhergegangen.

Dass dieses wirtschaftliche Narrativ und unsere Lebensweise höchst problematisch waren und sind zeigt die Corona Pandemie nun deutlich auf. Sie ist wie Sand im Getriebe der kapitalistischen Mühle, der Maschinenraum ist nun offengelegt und für alle sichtbar. Wir haben ein Problem.

Die chronische Unterbezahlung in den Bereichen der Gesundheit und des Sozialen wurde jahrelang mit fehlendem Geld begründet – zu teuer. Die Ausbeutung der Arbeitskräfte in diesem Bereich war und ist systematisch und wurde als „systemrelevant“ betrachtet. Anständige monetäre Entlohnung würde ja Geld kosten, was dann an anderen Ecken fehlen würde und Mensch fragt sich wo. Jetzt ist das Geld auf einmal da, wird aber in Teilen dazu genutzt, Renditen von Großunternehmen zu sichern. Und die Arbeit der Ausgebeuteten ist auf einmal systemrelevant, aber sie war es schon immer. Jetzt gibt es Applaus für sie. Übrigens sind es zum großen Teil Frauen, welche nun den Laden zusammenhalten. Und Männer, welche die Entscheidungen treffen.

Nun rächen sich Einsparungen und Privatisierungen im Gesundheits- und Sozialwesen. Pflegeeinrichtungen sind chronisch unterbesetzt, Risikogruppen können aufgrund fehlender Schutzausrüstungen nicht ausreichend geschützt werden.

Ein weiterer Grund für das viele, auf einmal vorhandene Geld, mag weiterhin wohl sein, dass es der Versuch ist die Normalität vor der Krise zu konservieren und danach zu dieser zurück zu kehren. Ja, jede Existenz, welche nun gerettet wird, ist wichtig und ist es wert. Doch sollte nun auch der Punkt erreicht sein, an dem wir über Perspektiven nach der Krise reden. Sollte diese sein zur Normalität zurück zu kehren, kann einem nur angst und bange werden. Vielmehr sollten wir die Logiken und Machtverhältnisse, in welchen wir uns befinden, reflektieren. Wir sollten versuchen uns eine neue Normalität zu konstruieren. Nicht zurück zum alten Gestern. Lieber hin zu einem besseren Morgen.

Doch wie soll das gehen?

Was wir brauchen, ist ein Systemwandel. Weg von einer Wirtschaft, welche auf Kapital, Macht, Konkurrenz, Ausbeutung und Wachstum basiert. Wir brauchen ein System, welches dem Menschen zugewandt ist, welches soziale Gerechtigkeit, Kooperation und Nachhaltigkeit zur Maxime seines Handelns erklärt. Gerade auch im Hinblick auf die Klimakrise scheint dies unabdingbar.

Und ja, an dieser Stelle wird es noch in den Mund genommen, das böse Wort: Umverteilung. Auch wenn es einigen nicht gefallen wird, wir müssen als Gesellschaft, aber auch als Welt umverteilen: die Privilegien, die Macht und die Ressourcen auf dieser Welt MÜSSEN umverteilt werden, um ein besseres Morgen zu erleben. Natürlich muss dies friedlich erfolgen, aber es muss erfolgen.

Wer nun meint, das sei naiv und nur der Kapitalismus könne uns retten, dem*der sei ein Blick in eins der Herzstücke des Kapitalismus gestattet. Vor New Yorks Krankenhäusern kann man es sich anschauen.

Spätestens jetzt sollte der Kapitalismus in seiner jetzigen Form ausgedient haben und etwas Anderem weichen. Tschüss auf Wiedersehen, mal war es schön, meistens nicht. Wir müssen uns als Welt in einen Transformationsprozess begeben. Wir wollen etwas Neues, etwas Besseres.