Gegen jeden Nationalismus!

„»Gesunder Patriotismus klingt für mich ein bisschen wie „gutartiger Tumor“«“
Marc-Uwe Kling: Die Känguru-Chroniken

Auf dem Plenum am 18. Juni 2024 hat das Epplehaus seinen Beschluss des Verbots nationaler Symbole für das Haus erneuert. Das heißt, auch Fußball-Fan-Utensilien mit Schwarzrotgold-Bestandteilen müssen überklebt oder ausgezogen werden.
Wir möchten gerne erklären, warum wir diese Entscheidung getroffen haben.

„Ist doch nur Fußball!“
Die Mär vom unpolitischen Fußball halten wir für einen Mythos. Es geht uns nicht um die spielerischen Leistungen der Mannschaften, sondern darum, wie dieses Spiel aufgeladen, welche Effekte es hat und wer es für sich nutzt.
Wir sind gegen jeden Nationalismus. Grundsätzlich sehen wir den Unterschied zwischen einem exklusiven völkischen Nationalismus a la Björn Höcke und einem inklusiven Nationalismus wie er von der Ampelregierung vertreten wird. Wir sehen den Unterschied, jedoch auch das Gemeinsame. Beiden Varianten zu Grunde liegt eine Zwangskollektivierung von sehr unterschiedlichen Individuen in der Nation. Im Stadion und vor der Großleinwand entsteht im Männer-Fußball auf der Basis von Nationalismus, Regionalismus und Heterosexismus ein positives Vergemeinschaftungsgefühl, was bei den Männer-WM- und -EM-Spielen entsprechend nationalistisch aufgeladen ist.
Auch der fröhliche und vermeintlich unbeschwerte Fußball-‚Patriotismus‘ lebt davon, dass er Menschen zu einer Gruppe, nämlich „die Deutschen“, zusammen schweißt. Grundlage ist eine gemeinsame Staatsbürgerschaft, der Lebensort oder – in der Höcke-Variante – Herkunft und Hautfarbe.
Dabei unterscheiden sich die 83 Millionen Einwohnerinnen der Bundesrepublik stark untereinander, nach Gender, nach Herkunft, nach Klasse bzw. Einkommen bzw. den sich daraus ergebenden Privilegien. Die Gemeinsamkeit wird erst durch das Bekenntnis zur Nation her gestellt und hat keine objektiven Grundlagen. Jede Nation ist auch ein Konstrukt. Selbst wenn es so etwas wie kulturelle und sprachliche Prägungen gibt, so können diese abgelegt oder verändert werden. Nun wollen einige Leute stolz auf Deutschland sein. Da stellt sich doch die Frage, worauf sie genau stolz sind? Als Antwort werden dann Dinge genannt wie: Deutsche Markenqualität, Goethe, die schönen deutschen Wälder oder letztens auf die Leistungen der deutschen Nationalelf bei der Männer-EM. Die Leute, die solche Antworten geben, haben fast nie etwas zu tun mit der Qualität von Produkten, haben nicht Goethes Werke verfasst, tragen nichts zur Schönheit der Natur bei (die sich auch nicht an Grenzen hält) und haben ebenso wenig die Tore bei der EM geschossen. Letztlich findet eine Fremd-Aneignung von positiven Dingen und Leistungen statt. Dabei müsste man, wenn man schon auf all die tollen Dinge stolz ist, sich gleichzeitig sehr schämen – besonders im postnazistischen Deutschland mit seiner massenmörderischen Vergangenheit. Deutsche ‚Patriotinnen‘ lehnen den Begriff „Kollektivschuld“ aber meist entrüstet ab, während sie ihren Kollektivstolz gerne vor sich her tragen, z.B. in Form von Fußball-Trikots.

„Das schadet doch keinem!“
Der Fußball-Nationalismus kommt erst einmal nett daher. Doch wie schon gezeigt, ist Nationalstolz oder ‚Patriotismus‘ eine arg konstruierte Sache. Mit dem Appell an die Kollektividentität werden reale Unterschiede zwischen Individuen und sozialen Gruppen nicht zum Verschwinden gebracht, sondern nur übertüncht. Für den Obdachlosen stellt es keine reale Verbesserung seiner Lage dar, wenn Deutschland Exportweltmeister oder Fußballeuropameister wird.
Oft wird noch dazu verlangt, zugunsten des nationalen Kollektivs auf irgendetwas zu verzichten. Da wird dann z.B. eine Nullrunde in den Lohnverhandlungen hingenommen, um den Standort Deutschland aufzuwerten.
Dabei haben die Menschen diesseits und jenseits der Grenze gemeinsame Interessen gegenüber den herrschenden Verhältnissen. Doch die Einteilung in Kollektive führt dazu, dass sich die Menschen mit denselben Interessen gegeneinander ausspielen lassen.

Der Appell ans Nationale ist gefährlich, denn jede Form von Nationalismus – auch wenn er als ‚Patriotismus‘ auftritt – ist ausgrenzend. Jede Nation ist ein exklusiver Club, in den nicht jeder rein kann, der/die will. Früher wurden Menschen nicht akzeptiert, die kein „deutsches Blut“ (was es natürlich gar nicht gibt) haben, heute sind es Geflüchtete, Migrantinnen oder jüdische Menschen, die ausgegliedert oder unter den Generalverdacht der fehlenden Loyalität gestellt werden.

Auch wenn derzeit über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert wird, geht es aktuell weniger um die Mobilisierung für Kriege, aber offenbar sollen gesellschaftliche Probleme und Gegensätze unter eine große Deutschlandfahne gekehrt werden. Wenn alle die Siege der deutschen Nationalmannschaft feiern, dann spricht niemand mehr über Diskriminierungen, verschärfte Asylgesetze, Wohnraum-Not und Obdachlosigkeit, Klimawandel und Artensterben oder die Wahlsiege der AfD zur Europa- und Kommunalwahl am 9. Juni. Übrigens versucht auch die AfD mittels sharepics etc. Anschluss an die Deutschland-Fans zu bekommen, obwohl der Höcke-Flügel eher kein Fan der meisten Spieler sein und ihnen den Status als „echte Deutsche“ absprechen dürfte.

„Kann ja jede selbst entscheiden, ob sie mitmacht!“
Leider ist es nicht so, dass die Frage welche und ob man eine EM-Mannschaft unterstützt nur freiwillig beantwortet wird. Nationalismus lebt von einer ingroup-outgroup-Einteilung, welche oft mit der Ausgrenzung und Herabsetzung Anderer einher geht. Beispielhaft ist das festzustellen an den Fangesängen, in denen häufig der Gegner herabgesetzt und abgewertet wird. Fußball ist nur eines der Spielfelder für Chauvinismus und nationale Feinbilder.
Es herrscht ein ziemlicher Anpassungs- und Konformitätsdruck. Wer als ‚Deutscher‘ eingeordnet oder akzeptiert werden will, ‚muss‘ auch für die deutsche Mannschaft sein, so die nationalistische Logik. Wer dann aber für eine andere Mannschaft ist oder sich über die Niederlage Deutschlands freut, dem schlagen schnell Aggressionen entgegen. Das zeigt, dass auch dem Fußball-Patriotismus nicht selten nationalistisches Eskalationspotenzial inne wohnt.

„Ihr seid nur linke Spielverderber!“
Manche von uns im Epplehaus mögen Fußball und andere nicht. Es geht uns mit unserem Verbot von Deutschlandfan-Merchandise aber nicht um das Fußball als solchen. Auch wenn wir viele grundsätzlichen Probleme im Männer-Fußball sehen: ein aggressiver Regionalstolz, Rassismus, Heterosexismus etc.
Uns geht es vor allem um die Probleme die die Männer-Nationalmannschafts-Spiele mit sich bringen. Dabei ist uns klar, dass unsere Einstellung bei vielen auf Unverständnis stoßen wird. Wir wissen nicht, ob unsere Kritik in emotionalisierten Zeiten der EM durchdringen wird.

Menschen, die keine Lust auf Fahnengewedel und „So sehen Sieger aus“-Geschrei haben, will das Epplehaus eine Ruhe- und Schutzzone bieten. Diese Insel wird konkret durch das Verbot von Nationalsymbolik geschaffen. Mit dieser Aktion hält das Epplehaus an seiner eigenen Tradition fest, immerhin ist der schwarz-rote Anarcho-Stern bis heute das Symbol des selbstverwalteten Jugendhauses.

Eure vaterlandslose Gesell*innen aus dem Epplehaus

Todestag George Floyd

Heute, am 25.05, jährt sich der Mord an George Floyd zum vierten Mal.
George Floyd wurde am 25.05.2020 in Minneapolis durch die Polizei ermordet. Sein Tod steht in der Kontinuität rassistischer Morde. So wurden auch Oury Jalloh 2005 in Dessau oder Mouhamed Dramé 2022 in Dortmund von den Cops ermordet.
Rassistische Polizeigewalt ist tödlicher Alltag, in den USA gleichermaßen wie auch in Deutschland. Das alles sind keine Einzelfälle, sondern hat System. Die Polizei ist im Kapitalismus nicht dafür da, uns zu schützen, sondern um die Verhältnisse aufrecht zu erhalten, wobei sie Rassismus als Spaltungs- und Unterdrückungsmechanismus für sich nutzt.
Um an George Floyd zu erinnern haben wir ein Transparent an unserer Fassade angebracht.
Doch es ist klar: Damit allein ist es nicht getan. Wir müssen uns organisieren, gegen rassistische Polizeigewalt und Rassismus. Daher werdet aktiv, ganz nach dem Motto:

Trauer zu Wut – Wut zu Widerstand!

Überzeugt Andere davon, nicht die AfD zu wählen!

Seit mehreren Jahren ist weltweit eine nationalistisch-autoritäre Welle zu beobachten, die den Globus überrollt. Wir wollen uns lokal an dem Versuch beteiligen, diese rechte Welle zu brechen.
In Deutschland ist die AfD der parlamentarische Arm des Rechtsrucks. Zu dieser extrem rechten Partei gehört inzwischen ein eigenes Vorfeld und Umfeld, sowie Einzelpersonen, die als rechte Diskurs-Verstärkerinnen agieren. Zum Umfeld der AfD rechnen wir den verschwörungsideologischen Kopp-Verlag mit Sitz in Rottenburg. Der Tübinger OB Boris Palmer agiert als Verstärker rechter Diskurse, auch wenn er selber kein Anhänger der AfD ist, obwohl er ihre Verharmlosung voran treibt. Am 9. Juni 2024 stehen sowohl Kommunal- als auch Europa-Wahlen an. Nicht die AfD zu wählen ist ein Anfang, genügt aber nicht. Wir möchten deswegen an alle Freundinnen des Epplehaus appellieren, aktiv in eurem Umfeld Werbung für die Nichtwahl der AfD zu machen.
In Umfragen gibt jede*r Fünfte an, die AfD wählen zu wollen. Fast zwangsläufig muss es also auch Menschen in unserer Umgebung geben, die zu dieser Gruppe gehören.
Wir möchten daher diejenigen dazu aufrufen, die der AfD ablehnend gegenüber stehen, auf ihr Umfeld einzuwirken. Sei es in ihren Familien, im Betrieb, im Sportverein oder bei der Freiwilligen Feuerwehr.
Wir müssen versuchen diese Menschen davon zu überzeugen, dass die AfD eine schlechte Wahl ist.

Warum ist die AfD eine schlechte Wahl?

  1. Die AfD ist eine nationalistische Partei!
    Die AfD setzt auf nationalistische ‚Lösungen‘, etwa den Dexit, also den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Der Partei-Slogan „Deutschland zuerst!“ verweist auf ein nationalistisches Konkurrenz-Prinzip gegenüber anderen Staaten. Doch die globalen Probleme halten sich nicht an die Grenzen von Staaten und können nur gemeinsam gelöst werden.
  2. Die AfD ist eine rassistische Partei!
    Maximilian Krah, der Spitzenkandidat der AfD zur Europwahl, schrieb 2023 auf Twitter: „Einwanderung ist Völkermord, denn dann gibt es ein Mischvolk, dann sind wir Deutsche weg.“
    Das Verständnis von Deutschen als weiße, deutschstämmige Menschen herrscht mehrheitlich bei der AfD vor. Diese Gruppe soll gegenüber anderen Gruppen privilegiert behandelt werden, andere Gruppen dagegen benachteiligt oder gar deportiert werden.
  3. Die AfD ist eine sexistische Partei!
    Emil Sänze, baden-württembergischer AfD-Landtagsabgeordneter, schrieb am 6. Oktober 2020:
    „Der deutsche Mann macht heute in Publizistik und Politik die Erfahrung, alles Männliche sei irgendwie verbrecherisch. Es geht ihm da wie dem weißen Europa; und er wird von seinen eigenen Eliten verraten, denen es entschieden an Eisen im Blut zur Verteidigung unserer Lebensgrundlagen und unserer Kultur fehlt.“
    Die hier durchschimmernde überholte Vorstellung von Männlichkeit als Krieger schadet sowohl Frauen als auch Männern und anderen sexuellen Identitäten, weil sie Menschen in Rollen einengt.
    Dass von den 35 KandidatInnen der AfD für die Europawahl 2024 nur vier Frauen sind, spricht auch für sich.
  4. Die AfD ist eine neonazistisch und reichsbürgerlich durchsetzte Partei!
    Immer wieder tauchen Neonazi-Vorfälle im Kontext mit der AfD auf. So sitzt etwa für die AfD in Bayern Daniel Halemba im Landtag. Laut Staatsanwaltschaft wurde bei einer Hausdurchsuchung in seinem Zimmer in einem Burschenschafts-Haus ein Befehl von Heinrich Himmler gefunden, der an der Wand hing. [1]
    Die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkelmann sitzt seit Dezember 2022 wegen eines Rechtsterrorismus-Verdacht in Zusammenhang mit einer Reichsbürger-Gruppe in Untersuchungshaft. [2] Dort wurde sie auch von drei AfD-Bundestagsabgeordneten besucht. [3]

Das sind nur vier Punkte von vielen, die gegen die Wahl der AfD sprechen.

[1] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100270906/afd-volksverhetzung-von-halemba-hoecke-als-vorbild-himmler-im-haus-.html

[2] https://www.fr.de/politik/brandgefaehrliche-person-wer-ist-reichsbuergerin-malsack-winkelmann-richterin-afd-91962919.html

[3] https://www.tagesspiegel.de/politik/dauergenehmigung-fur-gefangnisbesuche-afd-politiker-haben-weiterhin-kontakt-zu-terrorverdachtiger-11106676.html

Stopp Kopp!

Die gefährlichen Seiten des rechten Kopp-Verlags

Nach dem alten Motto „Es gibt kein ruhiges Hinterland!“ wollen wir uns mit dem Kopp-Verlag in Rottenburg kritisch auseinandersetzen und und gegen diese sprudelnde Quelle von Hass und Desinformation aktiv werden.

Das Geschäft mit Angst und Hetze
Der Kopp-Verlag wurde im Jahr 1993 als ‚Fachverlag‘ für Ufos, also für fliegende Untertassen, gegründet. Heute ist er einer der größeren Verlage in der Bundesrepublik und hat laut Eigenangabe 200 Mitarbeiter*innen. Im Jahr 2011 bezog er ein neues 5.000 Quadratmeter großes Verlagsgebäude am Rande von Rottenburg. Schon längst ist Kopp mehr als nur ein Verlag. Er ist ebenso ein Buch- und Prepper-Versand, Herausgeber eigener Zeitschriften, Verbreiter alternativer Nachrichten, Organisator eigener Veranstaltungen und Produzent eigener Kosmetik- und ‚Gesundheits‘-Mittel.
Im Jahr 2023 hatte der Verlag ein Sortiment von über 2 Millionen Artikeln und 2020 soll er 250.000 Kataloge pro Monat versandt haben.

Sein Hauptgeschäft macht er jedoch immer noch mit Büchern. Eine Auswahl von deutlichen Buch-Titeln, die vom Kopp-Verlag verlegt werden, verdeutlicht gegen wen sich die Bücher richten:

„Rote Lügen in grünem Gewand: Der kommunistische Hintergrund der Öko-Bewegung“ (2009)
„Logenmord Jög Haider? Freimaurer und der mysteriöse Tod des Politikers“ (2010)
„Beuteland. Die systematische Plünderung Deutschlands seit 1945“ (2016)
„Böse Gutmenschen. Wer uns heute mit schönen Worten in den Abgrund führt“ (2017)
„No-Go-Areas. Wie der Staat vor der Ausländerkriminalität kapituliert“ (2017)
„Kommt die Klima-Diktatur? Eine faktenreiche Analyse des grünen Klimawahns“ (2019)
„Bevölkerungsaustausch in Europa. Wie eine globale Elite die Massenmigration nutzt, um die einheimische Bevölkerung zu ersetzen“ (2019)
„Der Linksstaat. Enthüllt: Die perfiden Methoden der »Antifa« und ihrer Helfershelfer in Politik und Medien“ (2019)
„Staats-ANTIFA. Die heimliche Machtergreifung der Linksextremisten“ (2020)
„Das Wörterbuch der Lügenpresse“ (2020)
„Zum Abschuss freigegeben. Im Fadenkreuz der rotlackierten Nazis“ (2020)
„Vorsicht Diktatur! Wie in Deutschland die Demokratie abgebaut und ein totalitärer Staat aufgebaut wird“ (2020)
„Gesundheitsdiktatur. Der totale Gesundheitsstaat: Bill Gates, das Virus und die Neue Weltordnung“ (2020)
„Der Ansteckungsmythos. Warum Viren nicht die Ursache von Krankheiten sind“ (2021)
„Demozid. Will eine selbsternannte Elite die Menschheit reduzieren?“ (2023)
Entgegen dem eigenen aufklärerischen Anspruch („Nachrichten, die ihnen die Augen öffnen“) werden im Kopp-Verlag auf vielfältige Weise menschenverachtende und reaktionäre Inhalte transportiert. Das Angebot des Kopp-Verlages umfasst ein breites Themenspektrum. Seinen Schwerpunkt hat der Verlag im Bereich Verschwörungsmythen. Durch ihre ideologische Basis sind die meisten dieser Mythen aber keine wissenschaftlich prüfbare Annahmen (Theorien), sondern Modelle, die zumeist verkürzte und nicht belegbare Welterklärungen anbieten.
Die Verkürzungen beziehen sich zumeist darauf, dass kleinere, fest definierte Gruppen als angeblich „Hintergrundmächte“ die Welt lenken würden. Sie fungieren durch diese Darstellung als Sündenböcke, indem sie gezielt für diverse Probleme in der Welt verantwortlich gemacht werden. Eine systemische Analyse, etwa der Wirtschaft und Gesellschaft, wird damit vermieden.
Auch ist die Markierung z.B. jüdischer Familien oder von Freimaurern und Logen als Verantwortliche potenziell anschlussfähig an traditionelle Feindbilder aus dem Nationalsozialismus.

Der Kopp-Verlag und der Rechtsruck
Im Verlags-Teil von Kopp erschienen immer wieder Bücher eindeutig extrem rechter Autor*innen (z.B. Udo Ulfkotte) mit entsprechend antiamerikanischen, rassistischen oder antiziganistischen Inhalten. Ebenso werden Hass gegen LGBTIQ+, Linke, Feministinnen oder die Klima-Bewegung durch Bücher im Kopp-Verlag verbreitet. Der Rechtsruck hat in der Bundesrepublik nur seinen sichtbarsten Ausdruck in Wahlerfolgen und Umfragehochs der AfD. Dahinter steckt nicht nur eine einzelne Partei, sondern ein ganzes Netzwerk, welches teilweise seit Jahrzehnten an einer Verschiebung der Gesellschaft nach rechts arbeitet. Wir bewerten den Kopp-Verlag als einen wichtigen Knotenpunkt in diesem rechten Netzwerk. Ob der Verlagsinhaber Jochen Kopp mit seiner Tätigkeit vor allem ideologisch oder eher ökonomisch motiviert ist, ist dabei nachrangig. Auf jeden Fall weist der Verlag eine gewisse Nähe zur AfD auf, inhaltlich wie personell. Der Kopp-Buchautor Peter Boehringer aus München sitzt zum Beispiel für die AfD im Bundestag und der Kopp-Buchautor Thor Kunkel war 2015 Berater der Berliner AfD im Wahlkampf und Berater der AfD für die Bundestagswahl 2017. Andere AfD-Bundestagsabgeordnete empfehlen Bücher aus dem Kopp-Verlag und Kopp-Buchautoren treten als vermeintliche Expertinnen für die AfD auf.

Vielseitig gefährlich
Wir treten der Verharmlosung des Kopp-Verlags als „nur ein Verlag mit gemischten Programm“ oder als „irre, aber harmlos“ entgegen.
Der bekannte Politikwissenschaftler Prof. Claus Leggewie fasste es bereits 2016 treffend zusammen: „Die Autoren, die Herr Kopp präsentiert, befeuern Ängste. Angst ist ein schlechter Ratgeber, Angst soll sich nicht zu einer kollektiven Panik ausbreiten. Das war am Ende der Weimarer Republik so. Panik im Mittelstand ist im Grunde ein Wegbereiter für populistische und sogar faschistische Bewegungen.“ [1]

Wir stellen fest:

  1. Der Kopp-Verlag ist der größte rechte Verlag in der Bundesrepublik, auch wenn nicht alle seine Bücher rechte oder reaktionäre Inhalte aufweisen.
  2. Der Kopp-Verlag ist einer der größten verschwörungsideologischen Verlage der Bundesrepublik.
  3. Der Kopp-Verlag ist ein wichtiger Verbreiter von falschen und gesundheitsgefährdenden Inhalten und Mitteln aus dem Spektrum der so genannten ‚Alternativmedizin‘.

    Was tun? Was tun!
    Wir die unterzeichnenden Gruppen benennen nicht nur das Problem, sondern werden auch konkret.
    Deswegen …
    … rufen wir für den 27. April 2024 zu einer Fahrrad-Demo gegen den Kopp-Verlag in Rottenburg auf!
    … fordern wir von der Stadt Rottenburg per Gemeinderatsbeschluss eine öffentliche Distanzierung vom Kopp-Verlag!
    … fordern wir von Betrieben, die mit dem Kopp-Verlag kooperieren, diese Geschäftsbeziehungen zu beenden!

[1] Angstmacher aus Rottenburg – Der Kopp-Verlag in der Kritik, 06.03.16, Das Erste, http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/ndr/kopp100.html

UNTERZEICHNENDE GRUPPEN:

4-Häuser-Projekt
Alboffensive – kein brauner Alb(t)raum
Arbeitskreis Kritischer Juristen Tübingen
Attac Tübingen-Reutlingen
Befreiungstheologisches Netzwerk Tübingen
Bündnis 90 / die Grünen – Kreisverband Tübingen
Bündnis gemeinsam & solidarisch gegen Rechts – Reutlingen und Tübingen
Critical Mass Tübingen
CSD Reutlingen
DGB-Jugend der Region Neckar-Alb Obere Donau
Die Linke Ortsverband Rottenburg
Die Linke Kreisverband Tübingen
Epplehaus Tübingen
Ende Gelände Tübingen
Fachschaften-Vollversammlung Tübingen
FCK Eigenheim (Wohnprojekt in Gründung in Reutlingen)
Fridays for Future Reutlingen
Fridays for Future Tübingen
Gegen Vergessen für Demokratie – Regional-AG Böblingen – Herrenberg – Tübingen
GEW Kreis Reutlingen-Tübingen
Grüne Hochschulgruppe Tübingen
Health for Future Tübingen
Infoladen Tübingen
Input Tübingen
Kulturverein franz.K Reutlingen
KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen
Lu15 (Wohnprojekt)
Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus Tübingen und die Region (OTFR)
parents for future Tübingen
Queeres Zentrum Tübingen
Reutlingen for Organisation, Solidarity and Actions (ROSA)
Rojava Solidarity Tübingen
Tübinger Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen (TO AKT)
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschist*innen VVN-BdA Tübingen
Wählervereinigung Tübinger Linke – TüL
Wohnprojekt Schellingstraße
ZAK³ (Gruppe gegen Kapitalismus, Krieg und Kohlendioxid)

Gegen jeden Antisemitismus!

Gegen jeden Antisemitismus!
Die Parole „Gegen jeden Antisemitismus!“ wird bald deutlich sichtbar am Epplehaus hängen.
Wir veröffentlichen jetzt schon den begleitenden Text aus Anlass des 85. Jahrestags der November-Pogroms.

Eigentlich müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, gegen jeden Antisemitismus zu sein, zumal in Deutschland und gerade in einer politischen Linken mit emanzipatorischen Selbstverständnis.
Doch mit diesem Statement gerät man bei einigen in den Verdacht im derzeitigen Krieg Israel gegen die Hamas Stellung einseitig auf der Seite Israels zu beziehen.
Dabei gibt es bei uns im Epplehaus unterschiedliche Positionen zum Israel-Palästina-Konflikt, aber gegen jeden Antisemitismus heißt für uns selbstverständlich auch eine Position gegen den mörderischen Antisemitismus der Hamas zu beziehen. Nur Menschen mit sehr einfach gestrickten Gut-Böse-Weltbildern interpretieren daraus eine unbedingte Solidarität mit der derzeitigen extrem rechten Regierung Israels oder eine Ignoranz des Leidens palästinensischer Zivilisten.

Israel-bezogener Antisemitismus
Wir sehen den Antisemitismus als eine wichtige Ursache des Israel-Palästina-Konflikts, der eine Lösung immer wieder verunmöglicht hat.
Die Hamas hat am 7. Oktober 2023 erneut bewiesen dass sie kein Friedens-Partner sein kann. Ziel des Terror-Pogroms war eine möglichst hohe Zahl an jüdischen Toten. Nicht wirklich überraschend, wenn man bedenkt dass es zur jahrzehntelangen Praxis der Organisation gehört Selbstmordattentate in israelischen Bussen oder Discos zu verüben.
Betroffen von dem Überfall waren Kibbuze, die der israelischen Friedensbewegung nahe stehen, und ein Musik-Festival. Den Hamas-Antisemiten (bewusst nicht gegendert, da in islamistischen Gruppen Männer tonangebend sind) sind nicht am Frieden interessiert, nur an der Vertreibung und Ermordung jüdischer Menschen.
Wir finden jeden zivilen Toten in diesem Krieg schrecklich. Natürlich betrauern wir alle toten Zivilisten im Gaza-Streifen und wünschen uns ein Ende der Militärschläge. Die Bombardierung des dichtbesiedelten Gaza-Streifens ist furchtbar, weil sich zivile Opfer nicht vermeiden lassen. Wir hoffen deswegen auf einen schnellstmöglichen Stopp der Kampfhandlungen von beiden Seiten und die Freilassung der Geiseln.
Egal, wie man zu dem aktuellen Krieg im Detail steht, muss aber anerkannt werden dass die Aggression von der Hamas ausging und dass diese religiös-fundamentalistische Organisation antisemitisch motiviert ist. Genauso ist sie übrigens auch frauenfeindlich und queerfeindlich eingestellt. Seit 2006 ist der Gazastreifen de facto eine islamistische Diktatur, im Gegensatz zu Israel, wo Wahlen stattfinden. Wer diesen Unterschied nicht erkennt, sollte sich besser nicht zu dem Konflikt äußern.
Verbunden damit ist die Bitte, nicht auf die Propaganda von Hamas und ihre Fans herein zu fallen. Es sind viele Falschinformationen im Umlauf. Einige davon werden auf der Homepage https://www.mimikama.org/ aufgeklärt.

Der antisemitische Gehalt des Konflikts zeigt sich auch hierzulande in einer Explosion des israel-bezogenen Antisemitismus. Anlass ist der Krieg im Gaza-Streifen. Hierzulande trifft es jüdische Einrichtungen und Juden und Jüdinnen, egal welche Meinung sie haben.
Der Bundesverband RIAS hat allein im Zeitraum vom 9. bis 15. Oktober 2023 über 200 antisemitische Vorfälle registriert [1]. Das ist ein Anstieg um mehr als 240 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Am 18. Oktober 2023 kam es zu einem Brandanschlag auf die Synagoge und das Gemeindezentrum von Kahal Adass Jisroel in Berlin-Mitte.

Gegen Antisemitismus und seine Instrumentalisierung!
„Gegen jeden Antisemitismus!“ zu sein, heißt auch, ihn überall zu thematisieren und zu kritisieren. Gerade wird von Teilen der extremen Rechten, die Existenz von Antisemitismus in migrantischen Gruppen instrumentalisiert, um gegen ganze Bevölkerungsgruppen zu hetzen.
Dabei ist der extrem rechte Antisemitismus keineswegs ausgestorben, wie uns der Amoklauf in Halle (Saale) an Yom Kippur 2019 durch einen deutsch-nationalen Antisemiten vor Augen geführt hat. Auch die Teile der AfD, die sich öffentlich mit Israel solidarisieren, sind deswegen nicht zwingend nicht-antisemitisch. Genau dieselben AfD-Politiker*innen raunen immer wieder vom weltbeherrschenden Einfluss des jüdischen Holocaustüberlebenden George Soros oder wettern gegen den „Zentralrat der Juden“.
Mit den verschwörungsideologischen Corona-Protesten haben seit April 2020 antisemitischen Denkmuster eine starke Verbreitung erfahren. Die Qanon-Internetsekte, die von Eliten, die Kinderblut abzapfen schwurbelt, ist nur ein Beispiel von vielen. Die Nachbar-Stadt Reutlingen war zeitweise mit Demonstrationen von tausenden Verschwörungsgläubigen eine Hochburg. Die meisten davon ohne Migrationsgeschichte.

Antisemitismus-Verdächtigungen dürfen keine Grundlage für Abschiebungen sein. Schon aus Fairness-Gründen. Einheimische Antisemit*innen mit deutschen Pass werden ja auch nicht abgeschoben. Mit Antisemitismus muss man sich dort auseinander setzen, wo er auftaucht.
Grundsätzlich findet er sich überall, auch wenn er Hochburgen hat: In konservativ-religiösen Milieus, in nationalistischen türkischen und arabischen communities, bei deutschnationalen Rechten, bei Verschwörungsgläubigen und auch in Teilen der Linken. Neonazi- und Reichsbürger-Gruppierungen oder islamistische Gruppen ohne Antisemitismus sind in etwa so häufig anzutreffen wie Einhörner.

Täterstadt Tübingen, auch nach 1945
In Tübingen ist es uns wichtig daran zu erinnern dass der antisemitische Doppel-Mörder Uwe Behrendt (1952-1981) [2] sich hier seit Studien-Beginn im Wintersemester 1974/75 nach rechts radikalisiert hat, bevor er 1977/78 weg gezogen ist. Er war bis April 1978 Mitglied der Burschenschaft Arminia Straßburg zu Tübingen und aktiv im rechtsextremen „Hochschulring Tübinger Studenten“, für den er 1976 bei der Wahl zum ASTA kandidierte.
Am 19. Dezember 1980 ermordete Behrendt aus antisemitischen Motiven in Erlangen den Rabbiner Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frida Poeschke in Erlangen [3]. Er galt damals als rechte Hand von Karl-Heinz Hoffmann, Chef der berüchtigten „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG-H). Nachdem der damalige Bundesinnenminister die WSG-H im Januar 1980bundesweit verboten hatte, verlegte Hoffmann sie in den Libanon. Seit Mai 1980 lieferte er der „Palästinensische Befreiungsorganisation“ („Palestinian Liberation Organisation“, PLO) von der Bundeswehr erhaltene ausgediente Militärfahrzeuge. Dafür lieferte die PLO der „WSG-Ausland“ Waffen und erlaubte ihr, damit in einem PLO-Ausbildungslager im Libanon zu trainieren.
Nach dem Doppelmord 1980 floh Behrendt über die DDR in den Libanon und kam im PLO-Ausbildungslager Bir Hassan unter, wo er 1981 verstarb.

Gegen Antisemitismus und Israelhass, auch in der Linken!
Wir müssen leider auch anerkennen dass die politische Linke immer noch ein Problem mit Antisemitismus und Israelhass hat.
In Tübingen gibt es mit der „Kommunistische Organisation“ (KO) auch eine Gruppe, die sich mit der antisemitischen palästinensischen Gruppe „Samidoun“ [4] solidarisiert. Diese ist die Gefangenen-Organisation der ‚linken‘ „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ („Popular Front for the Liberation of Palestine“, PFLP) [5]. „Samidoun“ arbeitet mit den Islamisten von Hamas und Co. zusammen und ihre Mutterorganisation begeht Terroranschläge auf Zivilisten [6]. So drangen beispielsweise 2014 zwei PFLP-Anhänger in eine Jerusalemer Synagoge ein und ermordeten dort vier Rabbiner und einen Polizisten mit Äxten, Messern und Pistolen.
Nach dem Massenmord von Hamas-Islamisten an der israelischen Bevölkerung waren es Aktivisten von „Samidoun“, die zur Feier der Bluttat in Berlin-Neukölln Baklava verteilten [7].
Die KO solidarisierte sich mit „Samidoun“ in Folge des am 12. Oktober 2023 angekündigten Verbots der Organisation [8]. Man muss kein Fan staatlicher Verbote sein, um diese Gruppe und ihre Unterstützer*innen scheußlich zu finden. Zumal die KO sich schon länger mit Samidoun solidarisiert [9].
Über eine von der KO organisierte Veranstaltung heißt es in einem Belltower-News-Artikel:
„Am selben Tag sitzen Vertreter*innen von Samidoun auf der Bühne des „Kommunismuskongress“ im „Neues Deutschland“-Gebäude am Friedrichshainer Franz-Mehring-Platz, organisiert von der linken Randgruppe „Kommunistische Organisation“. Im Haus, das zum Teil der Linkspartei über eine Treuhandfirma gehört, sind viele linke Organisationen sowie die sozialistische Zeitung nd angesiedelt. In der Kongresspause werden im Hof Palästinaflaggen geschwenkt. „Vollste Solidarität mit dem Widerstand“, heißt es von den Veranstalterinnen in einer Insta-Story.“ [4]
Um es noch einmal deutlich zu betonen: Es geht nicht um eine irgendwie etwas einseitige Position im Israel-Palästina-Konflikt, sondern darum Antisemit*innen und ihre Freund*innen zu kritisieren. Die KO ist ein gutes Beispiel für das schlimmste, was die Linke im Angebot haben. Solange sich eine antiautoritäre Linke nicht von solchen Erscheinungen trennt, so lange wird sie vom Rest der Bevölkerung auch damit assoziiert.

Wo bleibt die jüdische Perspektive?
Zum Schluss möchten wir euch bitten, einmal die jüdische Perspektive zu sehen. Wie ist das, wenn man sich als Jude nicht traut mit Kippa auf die Straße zu gehen? Wie ist das wenn man sich nicht traut mit einem sichtbaren Anhänger mit Davidsstern offen aufzutreten? Warum hält die jüdische Gemeinde ihren Gebetsort in Reutlingen geheim?

[1] Presseerklärung: VBRG und RIAS warnen vor zunehmender Eskalation antisemitischer und rassistischer Bedrohungen und Gewalt – Verband der Beratungsstellen Für Betroffene Rechter, Rassistischer und Antisemitischer Gewalt e.V
[2] Uwe Behrendt – Wikipedia
[3] Shlomo Lewin – Wikipedia
[4] Samidoun: Tarnung für Terror – Belltower.News
[5] Volksfront zur Befreiung Palästinas – Wikipedia
[6] Abu-Ali-Mustafa-Brigaden – Wikipedia
[7] Jubel in Neukölln über Hamas-Terrorismus: Unsere deutschen Süßigkeiten – taz.de
[8] Gegen das Verbot der palästinensischen Organisation Samidoun! | Kommunistische Organisation 1
[9] u.a. [Tadamun] ist Solidarität | Kommunistische Organisation