Gegen jeden Antisemitismus!

Gegen jeden Antisemitismus!
Die Parole „Gegen jeden Antisemitismus!“ wird bald deutlich sichtbar am Epplehaus hängen.
Wir veröffentlichen jetzt schon den begleitenden Text aus Anlass des 85. Jahrestags der November-Pogroms.

Eigentlich müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, gegen jeden Antisemitismus zu sein, zumal in Deutschland und gerade in einer politischen Linken mit emanzipatorischen Selbstverständnis.
Doch mit diesem Statement gerät man bei einigen in den Verdacht im derzeitigen Krieg Israel gegen die Hamas Stellung einseitig auf der Seite Israels zu beziehen.
Dabei gibt es bei uns im Epplehaus unterschiedliche Positionen zum Israel-Palästina-Konflikt, aber gegen jeden Antisemitismus heißt für uns selbstverständlich auch eine Position gegen den mörderischen Antisemitismus der Hamas zu beziehen. Nur Menschen mit sehr einfach gestrickten Gut-Böse-Weltbildern interpretieren daraus eine unbedingte Solidarität mit der derzeitigen extrem rechten Regierung Israels oder eine Ignoranz des Leidens palästinensischer Zivilisten.

Israel-bezogener Antisemitismus
Wir sehen den Antisemitismus als eine wichtige Ursache des Israel-Palästina-Konflikts, der eine Lösung immer wieder verunmöglicht hat.
Die Hamas hat am 7. Oktober 2023 erneut bewiesen dass sie kein Friedens-Partner sein kann. Ziel des Terror-Pogroms war eine möglichst hohe Zahl an jüdischen Toten. Nicht wirklich überraschend, wenn man bedenkt dass es zur jahrzehntelangen Praxis der Organisation gehört Selbstmordattentate in israelischen Bussen oder Discos zu verüben.
Betroffen von dem Überfall waren Kibbuze, die der israelischen Friedensbewegung nahe stehen, und ein Musik-Festival. Den Hamas-Antisemiten (bewusst nicht gegendert, da in islamistischen Gruppen Männer tonangebend sind) sind nicht am Frieden interessiert, nur an der Vertreibung und Ermordung jüdischer Menschen.
Wir finden jeden zivilen Toten in diesem Krieg schrecklich. Natürlich betrauern wir alle toten Zivilisten im Gaza-Streifen und wünschen uns ein Ende der Militärschläge. Die Bombardierung des dichtbesiedelten Gaza-Streifens ist furchtbar, weil sich zivile Opfer nicht vermeiden lassen. Wir hoffen deswegen auf einen schnellstmöglichen Stopp der Kampfhandlungen von beiden Seiten und die Freilassung der Geiseln.
Egal, wie man zu dem aktuellen Krieg im Detail steht, muss aber anerkannt werden dass die Aggression von der Hamas ausging und dass diese religiös-fundamentalistische Organisation antisemitisch motiviert ist. Genauso ist sie übrigens auch frauenfeindlich und queerfeindlich eingestellt. Seit 2006 ist der Gazastreifen de facto eine islamistische Diktatur, im Gegensatz zu Israel, wo Wahlen stattfinden. Wer diesen Unterschied nicht erkennt, sollte sich besser nicht zu dem Konflikt äußern.
Verbunden damit ist die Bitte, nicht auf die Propaganda von Hamas und ihre Fans herein zu fallen. Es sind viele Falschinformationen im Umlauf. Einige davon werden auf der Homepage https://www.mimikama.org/ aufgeklärt.

Der antisemitische Gehalt des Konflikts zeigt sich auch hierzulande in einer Explosion des israel-bezogenen Antisemitismus. Anlass ist der Krieg im Gaza-Streifen. Hierzulande trifft es jüdische Einrichtungen und Juden und Jüdinnen, egal welche Meinung sie haben.
Der Bundesverband RIAS hat allein im Zeitraum vom 9. bis 15. Oktober 2023 über 200 antisemitische Vorfälle registriert [1]. Das ist ein Anstieg um mehr als 240 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Am 18. Oktober 2023 kam es zu einem Brandanschlag auf die Synagoge und das Gemeindezentrum von Kahal Adass Jisroel in Berlin-Mitte.

Gegen Antisemitismus und seine Instrumentalisierung!
„Gegen jeden Antisemitismus!“ zu sein, heißt auch, ihn überall zu thematisieren und zu kritisieren. Gerade wird von Teilen der extremen Rechten, die Existenz von Antisemitismus in migrantischen Gruppen instrumentalisiert, um gegen ganze Bevölkerungsgruppen zu hetzen.
Dabei ist der extrem rechte Antisemitismus keineswegs ausgestorben, wie uns der Amoklauf in Halle (Saale) an Yom Kippur 2019 durch einen deutsch-nationalen Antisemiten vor Augen geführt hat. Auch die Teile der AfD, die sich öffentlich mit Israel solidarisieren, sind deswegen nicht zwingend nicht-antisemitisch. Genau dieselben AfD-Politiker*innen raunen immer wieder vom weltbeherrschenden Einfluss des jüdischen Holocaustüberlebenden George Soros oder wettern gegen den „Zentralrat der Juden“.
Mit den verschwörungsideologischen Corona-Protesten haben seit April 2020 antisemitischen Denkmuster eine starke Verbreitung erfahren. Die Qanon-Internetsekte, die von Eliten, die Kinderblut abzapfen schwurbelt, ist nur ein Beispiel von vielen. Die Nachbar-Stadt Reutlingen war zeitweise mit Demonstrationen von tausenden Verschwörungsgläubigen eine Hochburg. Die meisten davon ohne Migrationsgeschichte.

Antisemitismus-Verdächtigungen dürfen keine Grundlage für Abschiebungen sein. Schon aus Fairness-Gründen. Einheimische Antisemit*innen mit deutschen Pass werden ja auch nicht abgeschoben. Mit Antisemitismus muss man sich dort auseinander setzen, wo er auftaucht.
Grundsätzlich findet er sich überall, auch wenn er Hochburgen hat: In konservativ-religiösen Milieus, in nationalistischen türkischen und arabischen communities, bei deutschnationalen Rechten, bei Verschwörungsgläubigen und auch in Teilen der Linken. Neonazi- und Reichsbürger-Gruppierungen oder islamistische Gruppen ohne Antisemitismus sind in etwa so häufig anzutreffen wie Einhörner.

Täterstadt Tübingen, auch nach 1945
In Tübingen ist es uns wichtig daran zu erinnern dass der antisemitische Doppel-Mörder Uwe Behrendt (1952-1981) [2] sich hier seit Studien-Beginn im Wintersemester 1974/75 nach rechts radikalisiert hat, bevor er 1977/78 weg gezogen ist. Er war bis April 1978 Mitglied der Burschenschaft Arminia Straßburg zu Tübingen und aktiv im rechtsextremen „Hochschulring Tübinger Studenten“, für den er 1976 bei der Wahl zum ASTA kandidierte.
Am 19. Dezember 1980 ermordete Behrendt aus antisemitischen Motiven in Erlangen den Rabbiner Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frida Poeschke in Erlangen [3]. Er galt damals als rechte Hand von Karl-Heinz Hoffmann, Chef der berüchtigten „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG-H). Nachdem der damalige Bundesinnenminister die WSG-H im Januar 1980bundesweit verboten hatte, verlegte Hoffmann sie in den Libanon. Seit Mai 1980 lieferte er der „Palästinensische Befreiungsorganisation“ („Palestinian Liberation Organisation“, PLO) von der Bundeswehr erhaltene ausgediente Militärfahrzeuge. Dafür lieferte die PLO der „WSG-Ausland“ Waffen und erlaubte ihr, damit in einem PLO-Ausbildungslager im Libanon zu trainieren.
Nach dem Doppelmord 1980 floh Behrendt über die DDR in den Libanon und kam im PLO-Ausbildungslager Bir Hassan unter, wo er 1981 verstarb.

Gegen Antisemitismus und Israelhass, auch in der Linken!
Wir müssen leider auch anerkennen dass die politische Linke immer noch ein Problem mit Antisemitismus und Israelhass hat.
In Tübingen gibt es mit der „Kommunistische Organisation“ (KO) auch eine Gruppe, die sich mit der antisemitischen palästinensischen Gruppe „Samidoun“ [4] solidarisiert. Diese ist die Gefangenen-Organisation der ‚linken‘ „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ („Popular Front for the Liberation of Palestine“, PFLP) [5]. „Samidoun“ arbeitet mit den Islamisten von Hamas und Co. zusammen und ihre Mutterorganisation begeht Terroranschläge auf Zivilisten [6]. So drangen beispielsweise 2014 zwei PFLP-Anhänger in eine Jerusalemer Synagoge ein und ermordeten dort vier Rabbiner und einen Polizisten mit Äxten, Messern und Pistolen.
Nach dem Massenmord von Hamas-Islamisten an der israelischen Bevölkerung waren es Aktivisten von „Samidoun“, die zur Feier der Bluttat in Berlin-Neukölln Baklava verteilten [7].
Die KO solidarisierte sich mit „Samidoun“ in Folge des am 12. Oktober 2023 angekündigten Verbots der Organisation [8]. Man muss kein Fan staatlicher Verbote sein, um diese Gruppe und ihre Unterstützer*innen scheußlich zu finden. Zumal die KO sich schon länger mit Samidoun solidarisiert [9].
Über eine von der KO organisierte Veranstaltung heißt es in einem Belltower-News-Artikel:
„Am selben Tag sitzen Vertreter*innen von Samidoun auf der Bühne des „Kommunismuskongress“ im „Neues Deutschland“-Gebäude am Friedrichshainer Franz-Mehring-Platz, organisiert von der linken Randgruppe „Kommunistische Organisation“. Im Haus, das zum Teil der Linkspartei über eine Treuhandfirma gehört, sind viele linke Organisationen sowie die sozialistische Zeitung nd angesiedelt. In der Kongresspause werden im Hof Palästinaflaggen geschwenkt. „Vollste Solidarität mit dem Widerstand“, heißt es von den Veranstalterinnen in einer Insta-Story.“ [4]
Um es noch einmal deutlich zu betonen: Es geht nicht um eine irgendwie etwas einseitige Position im Israel-Palästina-Konflikt, sondern darum Antisemit*innen und ihre Freund*innen zu kritisieren. Die KO ist ein gutes Beispiel für das schlimmste, was die Linke im Angebot haben. Solange sich eine antiautoritäre Linke nicht von solchen Erscheinungen trennt, so lange wird sie vom Rest der Bevölkerung auch damit assoziiert.

Wo bleibt die jüdische Perspektive?
Zum Schluss möchten wir euch bitten, einmal die jüdische Perspektive zu sehen. Wie ist das, wenn man sich als Jude nicht traut mit Kippa auf die Straße zu gehen? Wie ist das wenn man sich nicht traut mit einem sichtbaren Anhänger mit Davidsstern offen aufzutreten? Warum hält die jüdische Gemeinde ihren Gebetsort in Reutlingen geheim?

[1] Presseerklärung: VBRG und RIAS warnen vor zunehmender Eskalation antisemitischer und rassistischer Bedrohungen und Gewalt – Verband der Beratungsstellen Für Betroffene Rechter, Rassistischer und Antisemitischer Gewalt e.V
[2] Uwe Behrendt – Wikipedia
[3] Shlomo Lewin – Wikipedia
[4] Samidoun: Tarnung für Terror – Belltower.News
[5] Volksfront zur Befreiung Palästinas – Wikipedia
[6] Abu-Ali-Mustafa-Brigaden – Wikipedia
[7] Jubel in Neukölln über Hamas-Terrorismus: Unsere deutschen Süßigkeiten – taz.de
[8] Gegen das Verbot der palästinensischen Organisation Samidoun! | Kommunistische Organisation 1
[9] u.a. [Tadamun] ist Solidarität | Kommunistische Organisation

Die Würde des Spargels …

Corona zeigt was zählt: Die Würde des Spargels ist unantastbar #LeaveNoOneBehind & evacuate Moria

Corona zeigt was zählt: Die Würde des Spargels ist unantastbar #LeaveNoOneBehind & evacuate Moria

In Zeiten von Corona wird viel von Solidarität und dem Schutz von Menschen geredet. Doch manche Menschenleben scheinen hierzulande schützenswerter als andere zu sein. An den Außengrenzen Europas werden über 20.000 Menschen – unter anderem im Camp von Moria – eingesperrt und mit katastrophalen hygienischen Bedingungen im Stich gelassen. Menschen, die wegen Krieg, Terror und Unterdrückung aus ihrem Heimatland fliehen mussten. Für die EU-Staaten scheint die Würde des Menschen an ihren Außengrenzen halt zu machen.

Aber auch im Inland wird mit zweierlei Maß gemessen. Wo ist die Solidarität mit Menschen in prekärer Lage? Seien es Geflüchtete, Wohnungslose, Frauen* mit gewalttätigen Partnern, Alleinerziehende, psychisch Erkrankte, Kinder, alte Menschen und solche mit Vorerkrankung u.v.m., denen wichtige Räume, finanzielle Mittel und Hilfsangebote fehlen. (Epplehaus Beitrag vom 02.04.2020)

Derweil werden 80.000 Erntehelfer*innen aus Mittel- und Osteuropa eingeflogen und dem Risiko der Infektion ausgesetzt. Sie müssen für einen Hungerlohn und unter schlechten Bedingungen arbeiten und leben. Das alles damit wir weiterhin den heißgeliebten Spargel essen können. „Was wiegt mehr: Der Wunsch nach billig geerntetem Spargel oder der Schutz von Menschenleben? In dieser Gesellschaft ist es leider der Spargel“ (Erica Zingher, taz).

Jetzt wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt gewesen wenigstens die Arbeitsbedingungen der Erntehelfer*innen zu thematisieren und zu verbessern. Zumindest eine gute Unterbringung und Bezahlung sowie Arbeitsschutz sollten sichergestellt sein.

Unsere neoliberale Konsumgesellschaft zeigt sich hier von ihrer besten Seite. „Was nimmt eine Gesellschaft für ihren Luxus in Kauf? Und wie weit geht Ausbeutung?“ (Erica Zingher, taz).

Links:

Epplehaus Beitrag vom 02.04.2020 – https://www.epplehaus.de/soziale-folgen-der-corona-massnahmen/

Erica Zingher, taz – https://taz.de/Ausbeutung-in-Corona-Krise/!5676706&s=erntehelfer/

„Lieber Tanz ich, als G20“: Redebeitrag zur Nachttanzdemo vom 15.06.17

 

Treffen sich ein amerikanischer Rechtspopulist, ein türkischer Autokrat und ein Hindunationalist….

Nein, das ist nicht der Beginn eines schlechten Witzes, sondern Teil der Spitzengäste des Gipfels der 20, kurz G20. Der G20 ist ein Gipfel der Despoten und der Herrschenden. Der Repräsentanten des globalen, imperialen Kapitalismus. Sie wollen globale Probleme lösen, ohne zu beachten, dass sie selbst und ihre Wirtschaftssysteme für den größten Teil dieser Probleme verantwortlich sind. Wirtschaftskrisen, Hunger, Flucht, Klimawandel, Kriege und Terrorismus. Es geht um „wer kriegt was“, um neue Wirtschaftsdeals und den maximalen wirtschaftlichen Profit. Nicht außer Acht gelassen wird hierbei, wie die Verlierer dieses Ungleichgewichts, über deren Köpfe hinweg entschieden wird und die anderswo mit den Konsequenzen leben müssen, daran gehindert werden sich aus ihrer Abhängigkeit zu befreien. Weiterlesen

Demo gegen Abschiebungen in Herrenberg am 13. Mai

Unter dem Titel „Für alle Geflüchteten und gegen jede Abschiebung“ ruft ein breites Bündnis von Geflüchteten, Flüchtlingsinitiativen, Unterstützer*innen und anderweitig zivilgesellschaftlich engagierten Menschen aus Herrenberg und dem Großraum Stuttgart zum Protest gegen Abschiebung und besonders gegen die aktuellen Sammelabschiebungen nach Afghanistan auf.

Beginn: 13. Mai 2017 // 13:00 Uhr
Startpunkt: Bahnhof Herrenberg

Aufruf:

Insgesamt leben derzeit knapp 250.000 Geflüchtete aus Afghanistan in Deutschland, sie sind vor Krieg und Terror in ihrem Land geflohen, und einige davon wohnen und leben in Unterkünften in Herrenberg und der Umgebung, also in unserer Nachbarschaft. Von der aktuellen Flüchtlingspolitik sind sind direkt und akut betroffen.

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